Mitten in Berlin lässt sich eine der fein-würzigsten Pflanzen finden, die die Wildkräuter-Welt zu bieten hat: Der Wunder-Lauch (Allium paradoxum). So genannt, weil sich zur Blütezeit neben den kleinen weißen Blüten kleine blass-grüne Brutzwiebeln zeigen, was die Botaniker des 19. Jahrhunderts offenbar ganz verwunderlich und paradox fanden. Der Wunderlauch zeigt seine grasähnlichen Blätter bereits im Spätwinter und zu Beginn des Frühlings, wenn sonst noch nicht viel Grün in den Wäldern zu sehen ist.

Der Wunderlauch heißt auch Berliner Lauch, denn in den Parks und Wäldern entlang der Havel hat sich diese Pflanze, die eigentlich aus dem Kaukasus stammt, stark verbreitet. Er bildet dichte grüne Rasenflächen aus – am charakteristischen Lauchgeruch deutlich von echtem Rasen zu unterscheiden. Durch seinen dichten Wuchs verdrängt er mancherorts Buschwindröschen und Scharbockskraut – die allerdings bei uns sehr häufig anzutreffen sind. Als invasive Art hat er es bereits auf die Schwarze Liste des Landes Sachsen-Anhalt geschafft.
Im Mai ist der Wunderlauch bereits wieder im Boden verschwunden. Denn dann sind die Blätter verwelkt und die Pflanze hat ihre Nährstoffe in die Zwiebel zurückgezogen, um im nächsten Jahr wieder – vor fast allen anderen Pflanzen – auszutreiben.

Tatsächlich waren es die Botaniker selbst, die zur Verbreitung des Berliner Lauchs beitrugen: Bis 1838 ist er nachweislich in Deutschland nur in getrockneter Form in die Herbarien gelangt. Dann jedoch wurde er im Botanischen Garten Berlins, damals noch am Kleistpark, angesiedelt. Schon 1883 fand man ihn verwildert auf der Pfaueninsel, wo er bereits seit Jahren existiert haben soll. 1909 wurde er als ein “lästiges Unkraut” im Botanischen Garten genannt. Ganze Pflanzen und vor allem ihre Brutzwiebeln wurden und werden verschleppt durch Bodenarbeiten, auch das Verpflanzen von Gehölzen, durch das Laubharken oder durch Hochwasser. Die Pflanze verbreitet sich bei uns nur ungeschlechtlich mit Hilfe ihrer Brutzwiebeln. Daher gehen Wissenschaftler der Universität Potsdam davon aus, dass alle in Mitteleuropa wachsenden Pflanzen genetisch identisch sind.
Doch bisher ist der Neophyt ein geduldeter Flüchtling, denn er ist, wie alle Allium-Arten, essbar und lässt sich wie Bärlauch oder Schnittlauch in Quark und Joghurt oder in Salaten verwenden.
Was kann man also gegen die Verbreitung einer Pflanze haben, die zu den ersten gehört, die unsere Wälder und Parks im Frühling begrünen? Und die sich darüber hinaus mit Gewinn in der Küche verwenden lässt? Anders als beim Bärlauch lassen sich die Blätter des Wunderlauchs zudem nicht mit denen des giftigen Maiglöckchens verwechseln.